Montag, 23. Juli 2007

Festival mit Bürgerkriegsatmosphäre














































Am Wochenende war ich buchstäblich im freien Feld unterwegs, um zu recherchieren. Nachdem ich den Artikel über die Kalt- und Bloßstellung der Opposition beendet hatte, wollte ich mir mal ansehen, wie der Staat sonst so mit Opposition umgeht. Auf der Suche nach den letzten Staatskritikern Moskaus hab ich mich zu den Punks und Anarchos in die U-Bahn gequetscht und bin zum Krylja-Festival rausgefahren.
Doch schon beim Aussteigen hat uns die geballte Staatsmacht am U-Bahnhof empfangen. Dort stand soviel Militär, dass es für einen afrikanischen Bürgerkrieg ausgereicht hätte. Keine drei Schritte weiter wurden wir alle selektiert und ich wanderte in die Mädchen-Schlange. Gürtel ausziehen, Ringe abstreifen, abtasten lassen, Taschen durchsuchen... Ich hatte noch nicht einmal mein Ticket vorzeigen müssen, bin ich schon durch 2 Metalldetektoren und vier Sicherheitskontrollen durch. Erst war es die Polizei, dann das Militär, dann die verschiedenen Einheiten vom Innnenministerium.
Als ich dann endlich im Stadion war, bekam ich noch mehr Gänsehaut: Rechts und links standen schwarz vermummte Einheiten der OMON mit Stahlhelmen, Schlagstöcken und Schilden bewaffnet. Dahinter eine Reihe Panzer, Wasserwerffahrzeuge und Gefängniszellen auf Rädern. Mit eingezogenen Köpfen schlichen sich selbst die Punks und Anarchos an denen vorbei. Die Einschüchterung zeigte volle Wirkung. Kein Grölen, keine Parolen, kein Ton zu hören. Eine seltsame Stimmung. Brav hüllte sich das Publikum der Anarcho-Bands in russische Staatsflaggen. Die Militärs, Spezialeinheiten standen in Reihe zwischen dem Publikum. Keiner der Bandleader sagte auch nur einen Ton, nur eine Frau schrie mal durch das Mikro ins Publikum, dass es ihnen verboten worden sei, ein Lied zu spielen: "Es gibt hier ja genug Polizei, die darauf aufpasst". Es folgte kein Jubeln, kein Klatschen - nur für einen Moment Totenstille. Dann marschierten auch schon wieder die Feldjäger in Reih und Glied und Gleichschritt zwischen den Zuschauern einher. Mitunter lächerlich, weil die Jungs einfach keine Disziplin haben und nicht im Gleichschritt gehen können. Die Toilettenhäuschen waren ordentlicher aufgestellt als die Jungspunde in Camouflage.

Genauso wie wir hineingeleitet wurden, so stand das Militär auch schon Spalier, als ich das Gelände abends verlassen wollte. Bis zum U-Bahnhof in ca. 10 Minuten Fußweg Entfernung mussten alle an einer Endlosschleife junger Burschen in Camouflage vorbei, dahinter wieder OMONS. Sie guckten grimmig drein, waren gelangweilt, rauchten, telefonierten, kauten an ihren Fingernägeln. Keiner war über 25 Jahre - viele unter 20. Respekt hat man hier nur vor der Masse und genau die war einfach unglaublich!

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